Neue Venture Capital Konditionen sollen Gründer locken
Eine neue Kultur für Gründer und verbesserte finanzielle Rahmenbedingungen für Jungunternehmer, um Existenzgründungen in Deutschland endlich wieder attraktiv zu machen: Es sind ambitionierte Ziele, für die sich die Bundesregierung innerhalb der aktuellen Legislaturperiode stark machen will. In Kombination mit der kürzlich veröffentlichten Forderung der Opposition nach weniger Neid für gescheiterte Firmengründer könnte sich ein spannendes Wirkungsfeld mit erheblichem Potenzial ergeben, sofern die ersten Maßnahmen zur Umsetzung kommen. Aktuell steht unter anderem die Diskussion um die Verbesserung von Venture Capital Bedingungen im Vordergrund. Doch welche Schritte plant die Bundesregierung, um die Finanzierung von Existenzgründungen zukünftig zu erleichtern?
Die Politik der kleinen Schritte
Die Mitte einer Regierungsperiode ist ein willkommener Zeitpunkt für eine erste Bilanz: Welche Wahlversprechen wurden bisher gehalten? Wo lässt die Umsetzung noch auf sich warten? Und welche Zusagen wurden vielleicht sogar schon wieder revidiert, weil äußere Einflüsse offenbar eine Kursänderung notwendig machten? In Sachen Start-ups und Wagniskapital gab es zwar ein einhelliges Bekenntnis aus der Politik, das hoffen ließ, dass junge Gründer in Zukunft einfacher an Finanzmittel kommen, um ein vielversprechendes Projekt ins Leben zu rufen.
Doch ein Venture Capital Gesetz, wie man es ursprünglich geplant hatte, gibt es derzeit noch nicht. Bisher sind die Schritt überschaubar, die man aus Berlin auf den Weg gebracht hat. Der Zuschuss für Wagniskapital, der überwiegend von Business Angels kommt, unterliegt nun nicht mehr der Besteuerung. Außerdem soll der Zuschuss in Zukunft auch für ein Investment in einen Venture Capital Fonds gelten. Seit Sommqer 2015 fungiert das Deutsche Börse Venture Network als Ersatz für das geplante Börsensegment der Start-ups.
Die Kreditanstalt für Wiederaufbau hat ihr Engagement im Bereich Venture Capital mit einem neuen Förderprogramm verstärkt. Sie konnte dadurch ausländische Investoren davon überzeugen, Gelder in deutsches Wagniskapital einzubringen. In den kommenden fünf Jahren sollen mit Hilfe der KfW bis zu 400 Millionen Euro in einen entsprechenden Fonds eingelegt werden. Damit möchte man Investitionen in einer Größenordnung von rund zwei Milliarden Euro ermöglichen. Trotz dieser Maßnahmen vermissen Experten noch immer den großen Wurf, um aus Deutschland wieder einen Gründungsstandort zu machen.
Nicht jeder Vorschlag birgt Potenzial
Auffallend ist, dass es zwar eine ganze Reihe von Ansätzen gibt, um Existenzgründungen wieder attraktiv zu machen. Doch es scheint, als sollten viele Ideen doch nicht in die richtige Richtung gehen. Vielmehr zeigen einige Initiativen durchaus das Potenzial, die leise keimende Aufbruchsstimmung wieder zum Erliegen zu bringen. Einige Bundesländer warteten beispielsweise mit der Idee auf, die bevorzugte Besteuerung von Veräußerungsgewinnen erneut einschränken.
Das Bundesfinanzministerium sah sich angesichts dieses Vorstoßes offenbar genötigt, sich von diesem Vorschlag deutlich zu distanzieren. Doch immer wieder werden Ideen laut, mit denen man ein zielführendes Investment in ein vielversprechendes Projekt steuerlich gänzlich unattraktiv machen könnte. Damit einher geht allerdings eine weitere erhebliche Verschlechterung des Standorts Deutschland für weitere Existenzgründungen. Im europäischen Vergleich ist es schon heute schwierig, mit anderen Ländern in Fragen des Steuer- und Aufsichtsrechts auf Augenhöhe zu kommunizieren. Die Auswirkungen liegen auf der Hand, denn es wird zunehmend schwer, Kapital aus dem Ausland für Fonds zu akquirieren, die den Aufbau von jungen Unternehmen zum Ziel haben. Mehr denn je werden deshalb gerade jetzt Forderungen aus der Wirtschaft laut, die Konditionen für Finanzierungen aus Wagniskapital wieder attraktiver zu gestalten.
Entwicklungschancen bleiben bestehen
Experten der Branche gehen derzeit davon aus, dass das Potenzial für Optimierungen weiter gegeben ist. Im den im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Vorsatz nach einer Stärkung des Gründungsstandorts Deutschland umzusetzen, bleibt immer noch die zweite Hälfte der Regierungsperiode. Ein Blick in die europäischen Nachbarländer zeigt beispielsweise, dass steuerliche Vorteile für einen Investor offenbar ganz maßgeblich sind, um als Standort für Venture Capital attraktiv zu bleiben.
Um auch deutsche Fonds wieder interessanter für Anleger aus dem Ausland zu machen, könnten Änderungen bei der Umsatzsteuer für Verwaltungsleistungen hilfreich sein. Sie zu beseitigen, dürfte letztlich sogar im Einklang mit dem geltenden Europareicht stehen. Experten der Branche gehen davon aus, dass noch eine ganze Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten besteht, die es zu ergreifen gilt. Neben der Wagniskapitalfinanzierung gibt es natürlich weitere Alternativen wie Transaktionen aus dem Bereich M&A. Doch es wäre bedauerlich, die erheblichen Chancen von Venture-Capital-Fonds nicht zu nutzen, weil man zu zaghaft mit Änderungen des Steuerrechts umgeht.
Eine Gründerkultur umfasst mehr als Steuerfragen
Interessant ist im Zusammenhang mit der Frage nach einer neuen Mentalität für Existenzgründer natürlich auch die aktuelle Diskussion um den Neid auf gescheiterte Jungunternehmer. Offenbar sehen sich junge Gründer in Deutschland einer erheblichen Missgunst ausgesetzt, wenn ihr Unternehmen nicht von Anfang an von Erfolg gekrönt ist. Wer vielleicht sogar in eine wirtschaftliche Schieflage gerät und Insolvenz anmelden muss, hat sich nicht nur mit den finanziellen Folgen auseinanderzusetzen, sondern muss auch mit der Häme von Freunden und Feinden rechnen. Deshalb muss eine neue Gründerkultur weitaus mehr abdecken als nur die Überarbeitung von Steuerfragen. Es geht auch um eine Änderung der Einstellung und der Sichtweise, nach der junge Existenzgründer mit vielversprechenden Ideen den Respekt ihrer Umwelt verdienen, ob sie ihr Projekt nun erfolgreich auf den Markt bringen oder ob sie doch einen zweiten Anlauf benötigen.
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